„Der Religionsunterricht hat ein riesiges Potential für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen“ Markus Gerer ist fasziniert vom „Blick in die Herzkammern des Christentums"

Markus Gerer berichtet von seinen Erfahrungen mit Kirche und seinem Weg zum Religionslehrer. Einige Jahre war er bereits Lehrer für Deutsch und Latein, erst dann studierte er Theologie. Fasziniert vom „Blick in die Herzkammern des Christentums“ legte er das Staatsexamen ab und unterrichtet jetzt Religion. 
 
Religionslehrer Markus Gerer
Markus Gerer
Was ist Berufung? Spontan würde ich diesen Begriff als das „Anklopfen des Transzendenten“, also das Anklopfen dessen, was Zeit und Raum übersteigt, einer anderen und größeren Wirklichkeit, das Anklopfen Gottes also, beschreiben. Eine Ahnung davon glaube ich bereits sehr früh verspürt zu haben – und ich bin dankbar, dass ich während meiner Kindheit in dem recht traditionell gelebten Glauben meiner Pfarrei, einer kleinen Kuratie in der Nähe von Wasserburg am Inn, attraktive Antwortmöglichkeiten auf dieses Anklopfen kennenlernen durfte.

Während des Gymnasiums dann Leben in einem klösterlichen Internat. Während dieser Zeit weitete sich mein Blick auf die Kirche ungemein: Ich durfte erfahren, dass Kirche zwar wie in meiner Heimatpfarrei vor Ort verankert, aber immer auch international ausgerichtet ist, dass eine Ordensgemeinschaft in ihrer Spiritualität und Pastoral eigene Akzente setzen und so durchaus auch in ein fruchtbares Spannungsverhältnis zur kirchlichen Lehre treten kann – kurz: Dass Kirche eine vielfältige und lebendige Gemeinschaft über alle Länder und Kontinente hinweg ist.
 
Trotz vieler positiver Erfahrungen aber zunächst kein Theologiestudium oder gar der Eintritt ins Priesterseminar. Es war da das Gefühl, dass ein Leben in und für die Kirche nicht immer nur befreit und neue Horizonte erschließt, sondern im Gegenteil auch Gefahr laufen kann, wichtige Persönlichkeitsentwicklungen zu erschweren, und so eben nicht hinaus ins Weite führt (vgl. Ps 18,20). Ich wählte zunächst das Studium für das Lehramt am Gymnasium für die Fächer Deutsch und Latein. Gebrochen habe ich mit der Kirche aber wahrlich nicht: C-Kirchenmusikkurs und 15 Jahre Chorleitung in meiner Heimatpfarrei, Mitleben als Gaststudent im Priesterseminar, Studium in Rom mit tiefen Einblicken in die Weltkirche, einige Bekanntschaften, ja Freundschaften mit Priestern und Ordensleuten.

Nach 15 Jahren Lehramt dann die Entscheidung, das Studium der Theologie doch anzupacken. Es wäre zu wenig, würde ich jetzt schreiben, dass mir das Studium geholfen hat, meinen Glauben zu reflektieren und all das, was ich vom Glauben der Kirche bis dahin kennen gelernt hatte, besser einzuordnen. Der Blick in die Herzkammern des Christentums hat mich fasziniert, ja geradezu elektrisiert. Der katholische Kosmos in seiner geistigen und geistlichen Weite – so mein Fazit – ist meine Welt. Von verantwortlicher Stelle freilich wurde mir mitgeteilt, dass es da für den Weg zum Diözesanpriester wegen meines Alters bereits zu spät war.
 
Deswegen legte ich das Staatsexamen ab und nach der Erteilung der unbefristeten kirchlichen Lehrerlaubnis unterrichte ich seit 2022 katholische Religion gleichberechtigt neben meinen bisherigen Fächern – bin also ein spätberufener Religionslehrer. Gerade vor dem Hintergrund meiner bisherigen Lehrertätigkeit sehe ich immer mehr, welches Potential der Religionsunterricht für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen hat. Und so freue ich mich, meine zahlreichen Erfahrungen, die ich bisher als Lehrer sammeln konnte, in den Dienst des Religionsunterrichts zu stellen.
 
Text: Markus Gerer, März 2023