Eine große Überraschung für Bischof Benno
Jeder, der schon einmal einen Schlüssel verloren hat, weiß, was für einen riesigen Schreck man da kriegt. Auch Bischof Benno von Meißen verlor eines Tages seine Schlüssel und zwar die großen, eisernen zur Tür vom Dom. Aber das ist eine ganz besondere Geschichte...
Vom kleinen Benno – er ist der Sohn eines Grafen – gibt es vor allem zwei Dinge zu erzählen: einmal, dass er besonders schmächtig ist und deshalb oft von seinen Spielkameraden gehänselt wird, zum anderen, dass er schon als Kind so klug ist, dass ihn die Menschen voller Staunen beobachten. Er ist noch nicht einmal sechs Jahre alt, da geben ihn seine Eltern in die Obhut von Bernward, dem Bischof von Hildesheim: Er soll Benno von nun an in den Wissenschaften und im christlichen Glauben unterrichten. Benno geht begeistert zur Schule und freut sich über alles, was er nun lernen darf.
Als er 18 Jahre alt ist, wird er Benediktinermönch, dann geht er nach Paris, um dort zu studieren. Als hoch geachteter Doktor der Theologie kehrt Benno nach Hildesheim zurück. Er wird Priester und übernimmt nun im Benediktinerorden verschiedene Aufgaben.
Bennos bester Freund in dieser Zeit ist der gleichaltrige Anno; als der eines Tages Erzbischof von Köln wird, freut sich Benno sehr mit ihm. Fast genau zehn Jahre später wird auch Benno Bischof, und zwar von Meißen, das liegt in Sachsen. Anno hatte ihn dafür vorgeschlagen, und das Volk stimmte begeistert zu. Vom ersten Tag seiner Amtszeit an ist Benno Tag und Nacht in seinem Bistum unterwegs und kümmert sich herzlich und fürsorglich um alle Menschen und ihre Nöte.
Doch bald ziehen dunkle Wolken auf, Wolken des Streits. Nein, nicht Benno streitet, es sind der König und der Papst, die sich entzweit haben. Wie es auch heute auf der Welt oft so ist, geht es darum, wer der Mächtigere ist. Der König – er heißt Heinrich IV. – ist der Ansicht, dass er der uneingeschränkte Herrscher über alle Menschen ist und alles bestimmen kann. Heinrich hat in seiner Wut sogar vor, den Papst einfach abzusetzen. Benno ist traurig über diese ganze Sache und entscheidet sich, zum Papst zu halten. Das aber macht Heinrich so wütend, dass er Benno für einige Zeit gefangen nimmt und ihn nach der Freilassung als Bischof absetzt.
Benno will nun auf dem schnellsten Weg zum Papst nach Rom reisen und ihm von den ungeheuerlichen Vorgängen in Meißen berichten. Doch wie kann er seinen Dom vor dem tobenden Heinrich schützen, wie verhindern, dass dieser in seiner Abwesenheit in das Gotteshaus eindringt? Benno überlegt hin und her und findet schließlich die Lösung: Er übergibt die beiden großen Domschlüssel an seine zwei treuesten Mitarbeiter und befiehlt ihnen, die Schlüssel sofort in den Fluss Elbe zu werfen, sobald Heinrich sich dem Dom nähern sollte. Dann reist er ab. Und tatsächlich: Als Heinrich aus Rom erfährt, dass der Papst vorhat, ihn mit dem Kirchenbann zu belegen, will er in den Dom fliehen. Doch die beiden Domherren haben die Schlüssel inzwischen in den Fluss geworfen, das Gotteshaus bleibt zugesperrt.
Benno kehrt eines Tages als Pilger in einfacher Wanderkleidung nach Meißen zurück. Weil er hungrig ist von der Reise, macht er beim ersten Wirtshaus Halt, um sich mit Essen und Trinken zu stärken. Niemand erkennt ihn, wie er dort vor seinem Krug mit dunklem Bier sitzt und sich freut, wieder zu Hause zu sein. Dann bestellt er sich einen gekochten Fisch, weil der ihm immer so gut schmeckt.
Als der Wirt diesen am Tisch aufschneidet, fallen aus dem Fischbauch plötzlich die beiden Domschlüssel heraus. Ein Aufschrei geht durch den Gastraum, alle erkennen nun ihren Bischof Benno, und viele knien sich nieder vor ihm. Benno segnet alle und zieht dann unter dem Jubel der Bevölkerung in den Meißner Dom ein. Dort dankt er Gott in einem festlichen Gottesdienst und viele weinen vor Freude, dass ihr Bischof Benno endlich wieder da ist.
aus: Schauber/Schindler : "Ein Löwe für Hieronymus"
Gedenktag des Hl. Benno ist am 16. Juni.