(Eva Hemauer, Humboldt-Gymnasium Vaterstetten)
Am Mittwoch, den 4.6.08, besuchte Herr Pfluger, der ehemalige Bürgermeister von Zorneding, unsere Klasse 9A im Rahmen des Geschichtsunterrichts, um uns an seinen Erinnerungen an die Nachkriegszeit teilhaben zu lassen. Zu jung, als dass er damals selbst aktiv das Geschehen hätte erfahren können, gelang es ihm, ausgehend von Erzählungen seiner Eltern und Bekannten, ein detailliertes, durchaus anschauliches Bild von seiner Kindheit in Ingelsberg zu erstellen. So schilderte Herr Pfluger eindrucksvoll die Situation der Flüchtlinge aus Norddeutschland, zu denen auch seine spätere Frau und ihre Familie zählten, ihre Einquartierung im örtlichen Gasthof Schlammerl, ihre Versorgung und Suche nach Arbeit, das Leben auf dem elterlichen Bauernhof und die Rückkehr des Vaters, der eigentlich in französische Gefangenschaft hätte gehen sollen, jedoch am Bahnhof floh. Dies sei aber, so der Zeitzeuge, eine Geschichte für sich. Auch scheute er sich nicht, von Schwarz-schlachtung, die in seiner Familie anscheinend rege betrieben wurde, und der Manipulation der Bestandslisten offen zu reden, legte aber den Beweggrund für die illegale Schlachtung dar: Nahrungsmangel. Stetig sei die Anzahl der zu versorgenden Menschen gestiegen: die Zwangsarbeiter Stanislaus und Melanie, die Eltern der Mutter aus der Stadt, deren Nachbar, die Flüchtlinge, die im Haus untergebracht waren. Hr. Pfluger half uns mit seiner Erzählung, die Nachkriegszeit mit anderen Augen zu sehen, mit den Augen eines Beteiligten. Er brachte uns die Zeit nahe, in der man kaum jemanden trauen konnte, die Zeit, in der man während das ganze Dorf dem Gottesdienst bewohnte, unterschlagene Tiere geschlachtete, und die Zeit, als am Wochenende die „Städter“ kamen, um Nahrung zu organisieren, zu „hamstern“.
Auf Seiten der Schüler herrschte während des Vortrages gespannte Aufmerksamkeit und rege Beteiligung durch anschließende Fragen.
„Es mag interessantere Schicksale als das des Herrn Pfluger geben, doch steht für uns nun hinter seiner Lebensgeschichte eine einzigartige Persönlichkeit, ein Individuum, und nicht nur einer von vielen Unbekannten“, lautete der abschließende Kommentar einer Schülerin, wobei sie wohl im Namen der ganzen Klasse sprach.