(Dr. Christoph Bachmann, Bayerisches Hauptstaatsarchiv)
Bayern als amerikanische Besatzungszone
Nach der Eroberung Bayerns im Frühjahr 1945 durch amerikanische Einheiten sowie der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8.5.1945 wurde Bayern gemäß dem Potsdamer Abkommen vom 2.8.1945 der amerikanischen Besatzungszone zugeteilt. Ausgenommen blieben der Landkreis Lindau, der der französischen Besatzungszone zugewiesen wurde, und die bayerische Rheinpfalz. Die amerikanische Besatzungsmacht handelte zunächst nach der Devise, sie sei "nicht als Befreier, sondern als Sieger" gekommen, und beanspruchte uneingeschränkte Hoheitsrechte im eigenen Besatzungsgebiet. So übernahm unmittelbar nach dem Einmarsch das Military Gouvernment Detachment E1F3 unter der Leitung von Colonel Charles E. Keegan am 14. Mai 1945 die Verwaltung des besetzten Landes. Zunächst war das Detachment auf den Teil Bayerns beschränkt, der von der 7. Armee besetzt worden war. Daneben existierten noch weitere Detachmenttypen, die unterschiedliche territoriale Zuständigkeiten hatten. Ebersberg z.B. gehörte zum Typ D, der für die kreisfreien Städte und Landkreise zuständig war (DET I1F2, dann I-361).
Entstehung der amerikanischen Militärregierung in Bayern (OMGBY)
Nachdem am 14. Juni 1945 die 3. Armee Bayern als endgültiges Besatzungsgebiet (Eastern Military District) zugewiesen erhalten hatte, verlegte die den Detachments übergeordnete Kommandogewalt, die G-5 Stabsabteilung der 3. Armee, ihr Hauptquartier von Erlangen nach München. Diese G-5 Section wiederum unterstand der G-5 Division USFET (US Forces European Theater), der für die Militärregierung zuständigen Division des amerikanischen Generalstabes unter General Dwight D. Eisenhower. Parallel hierzu arbeitete die US Group Control Council (USGCC) unter General Lucius D. Clay, die die USA beim Alliierten Kontrollrat vertrat, der am 30. Juli 1945 erstmals tagte. Aufgabe der USGCC war es, die Beschlüsse des Kontrollrates im Besatzungsgebiet umzusetzen, wobei dies nur über die G-5 Division USFET vonstatten gehen konnte. Da dies ein umständliches Verfahren darstellte, wurde im Zuge der Ausgliederung der Militärregierung aus der allgemeinen militärischen Kommandostruktur die USGCC in das Office of Military Government US (OMGUS) umgewandelt. Gleichzeitig entstanden in der amerikanischen Besatzungszone mit der Proklamation Nr. 2 vom 19. September 1945 die drei Staaten Groß-Hessen, Württemberg-Baden und Bayern, in denen seit 1. Oktober 1945 jeweils eigene regionale Offices of Military Gouvernment unter Leitung eines Land Directors tätig waren: in Bayern das Office of Military Government for Bavaria (OMGBY).
Organisation von OMGBY
Erster Leiter von OMGBY war General Walter J. Muller. Als sein Nachfolger war von 20. November 1947 bis September 1949 der ehemalige Gouverneur von Michigan, Murray D. van Wagoner tätig. Gegliedert war die Militärregierung in sieben Divisions (Abteilungen), die wiederum in je zwei bis fünf Branches (Referate) unterteilt waren. Die Verwaltung auf dem Land übernahmen die verschieden ausgeprägten lokalen Detachments, die anfangs für etwa drei Landkreise zuständig waren. Erst im Juni 1945 wurde es möglich, für jeden Landkreis ein eigenes Detachment einzurichten. Nach Auflösung der Regierungs-Detachments am 1. Juni 1946 unterstanden nunmehr alle Detachments der direkten Aufsicht der Militärregierung. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte auch die Umbenennung in Liaison and Security Offices. In dieser Form bestand die amerikanische Militärregierung in Bayern im wesentlichen bis zur Aufhebung des Besatzungsstatuts am 21. September 1949, die ab diesem Zeitpunkt in das Amt des Land Commissioner umgewandelt wurde. Auf Besatzungsebene trat im Spätsommer 1949 an die Stelle des aufgelösten OMGUS das Office of the US High Commissioner for Germany (HICOG). Die Verantwortlichkeit für die Besatzungspolitik ging gleichzeitig vom War-Department auf das State-Department (Außenministerium) über. In Bayern arbeiteten bis 1952 neben dem Land Commissioner noch die Kreis Residents als örtliche Verbindungsstellen. Am 30. Juni 1952 gingen auch die noch verbliebenen Aufgaben des Land Commissioners auf das Amerikanische Generalkonsulat in München über.
Personalstand
Die Militärregierung hatte zu Beginn ihrer Tätigkeit einen Personalstand von etwa 2100 Mann, der mit 4229 Mann im Oktober 1945 seinen Höchststand erreichte. Danach erfolgte ein kontinuierlicher Personalabbau, wobei vor allem ein starker Einschnitt von Januar auf Februar 1946 (3442 auf 1795 Mann) feststellbar ist. Bei der Auflösung betrug der Personalstand etwa 1000 Mann.
Aufgaben
Die amerikanische Militärregierung regelte mit diesem Apparat das gesamte öffentliche Leben, ernannte neue Amtsträger in Stadt und Land und suchte den Nationalsozialismus dadurch auszumerzen, dass sie führende Funktionsträger des Dritten Reiches inhaftierte und pauschale Massenentlassungen von ehemaligen Mitgliedern der NSDAP vor allem im Bereich der öffentlichen Verwaltung anordnete. Daneben legte man größten Wert auf eine Schulreform, da eine gute Ausbildung der sicherste Garant für ein demokratisches Verhalten sei. So geht beispielsweise die Schulgeld- und Lehrmittelfreiheit auf die amerikanische Militärregierung zurück.
Überlieferung
Nachdem die amerikanische Militärregierung in Bayern ihre Tätigkeit eingestellt hatte, wurden die Akten in den folgenden Jahren in die Vereinigten Staaten gebracht und in den National Archives in Washington DC (heute: National Archives and Records Administration: www.archives.gov) archiviert. Dort sind sie heute in den Bestand RG 260 (Record group) integriert. Den historisch bedeutendsten Schriftgutbestand bilden die Berichte (reports) der verschiedenen Dienststellen an die Militärregierung, in denen wöchentlich, monatlich oder jährlich über die eigene Tätigkeit sowie über politische, wirtschaftliche oder kulturelle Angelegenheiten Rechenschaft abgelegt wurde. Dieses in der amerikanischen Verwaltung ausgeprägte System der Berichterstattung wirkte sich auch auf die bayerischen Dienststellen aus, die nunmehr ebenfalls regelmäßig der Militärregierung Berichte zu erstatten hatten. Im Schriftgut des Land Directors stehen die Beziehungen der Militärregierung zur bayerischen Regierung und zu den bayerischen Ministerien im Vordergrund. Das Schriftgut der Intelligence Division vermittelt wertvolle Erkenntnisse über die Nachkriegsentwicklung der Parteien und Verbände sowie über die Meinungsbildung innerhalb der deutschen Bevölkerung. Die Nachkriegsereignisse werden in der Überlieferung der Field Operations Division mit ihren lokalen Detachments dokumentiert. Hiermit sind Forschungen nicht nur zum Aufbau der Verwaltung und des politischen Lebens auf lokaler Ebene, sondern auch zum Verhältnis der Bevölkerung zur Besatzungsmacht möglich. Im Bayerischen Hauptstaatsarchiv ist nur ein Teil der tatsächlichen Überlieferung der amerikanischen Militärregierung in Mikroficheform überliefert, nämlich etwa 6500 Archivalieneinheiten. Diese gelangte in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts hierher, nachdem zwei Archivare in den National Archives mehrere Monate lang eine Auswahl der zu verfichenden Archivalien getroffen hatten. Die Metadaten zu den Fiches sind auf einer Datenbank erfasst und können über einen PC im Repertorienzimmer des Bayerischen Hauptstaatsarchivs zu den üblichen Öffnungszeiten recherchiert werden.
Literatur:
Weisz, Christoph (Hg.), OMGUS-Handbuch. Die amerikanishce Militärregierung in Deutschland 1945-1949, München 1994.
Latzin, Ellen, Die Berichterstattung der Amerikanischen Militärregierung in Bayern. Dargestellt am Beispiel der Field Operations Divisions 1945-1948, in: ZBLG 63 (2000), S. 867-954.