Salzburg in Bayern Die Gründungsurkunde des Bistums Chiemsee

Pergamenturkunde mit anhängender Bleibulle, 28. Januar 1216
Pergamenturkunde mit anhängender Bleibulle, 28. Januar 1216

739 richtete der hl. Bonifatius im Zuge der kirchlichen Organisation des Herzogtums Bayern das Bistum Salzburg (zusammen mit den Bistümern Freising, Passau und Regensburg) ein. 798 wurde es zum Erzbistum der altbayerischen Kirchenprovinz erhoben. Es umfasste ein sehr ausgedehntes Gebiet, das vom Inn bis ins heutige Slowenien reichte. Um die Verwaltung ihres Sprengels zu erleichtern, aber auch um ihre Position in dessen entfernteren Teilen zu festigen, richteten die Salzburger Erzbischöfe im 11. und 12. Jahrhundert vier von ihnen abhängige ‚Eigenbistümer‘ ein: Gurk (1072), Chiemsee (1216), Seckau (1218) und Lavant (1228). Die Auswahl und Einsetzung dieser Bischöfe lagen – was eine kirchenrechtliche Besonderheit war – beim Erzbischof; sie verfügten auch nicht über weltliche Hoheitsrechte.

Mit der gezeigten Urkunde erlaubte Papst Innozenz III. dem Erzbischof Eberhard II. (reg. 1200–1246) auf dessen Bitte, ein Bistum mit Sitz auf der Chiemsee-Insel Herrenwörth zu errichten, und umschrieb dessen Diözesansprengel: Chiemsee und umliegende Pfarreien (Eggstätt, Prien, Söllhuben), das Tal von Grassau, Leukental, Brixental, Söll- und Ellmautal in Tirol. Er beurkundete die vom Erzbischof dazu gewidmeten Geld- und Naturaleinkünfte sowie Grundbesitz an verschiedenen Orten und schrieb das Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Erzbischof und dem Bischof von Chiemsee fest. Die Urkunde ist mit der päpstlichen „Rota“ (kreisförmiges Signet) und einer Bleibulle beglaubigt und vom Papst sowie einer Reihe von Kardinalbischöfen, -priestern und -diakonen unterzeichnet.

In der Folge kam es immer wieder zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Bischöfen von Chiemsee und den Pröpsten des Augustiner-Chorherrenstifts Herrenchiemsee, die als Salzburger Archidiakone in nahezu demselben Gebiet ebenfalls als Vertreter des Erzbischofs fungierten. Als Konsequenz residierten die Bischöfe von Chiemsee nicht auf der Herreninsel, sondern seit 1305 im „Chiemseehof“ in Salzburg und übernahmen vorrangig die Aufgaben eines Salzburger Weihbischofs.

Das Bistum Chiemsee wurde bei der Neuordnung der bayerischen Kirche 1821 formell aufgehoben. 2009 errichtete es Papst Benedikt XVI. als Titularbistum neu. Allerdings wurde es bislang keinem Bischof zugewiesen, sondern ist vakant.

Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Bistum Chiemsee Urkunden 2

 

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