Passionale sanctorum, Pergamenthandschrift aus dem Kloster Reichenau, geschrieben vom Mönch Reginbert, 2. Viertel 9. Jh
Die einzige Quelle, die über das Leben und Wirken des hl. Korbinian berichtet, ist die um 770 von Bischof Arbeo von Freising verfasste „Vita Corbiniani“.
Der aus Arpajon bei Paris stammende Korbinian wollte eigentlich ein frommes Leben in Einsamkeit führen. Dies scheiterte wiederholt an seinem Ruf als Wundertäter, der viele Menschen anzog. Schließlich wurde er von Papst Gregor II. zum Bischof geweiht und mit dem Auftrag zur Glaubensverkündung ausgesandt. Der bayerische Herzog Grimoald lud Korbinian (mit sanfter Gewalt) an die herzogliche Residenz nach Freising ein. Als Jahr seiner Ankunft errechnete man in der Barockzeit 724.
Die vielleicht sechs Jahre, in denen Korbinian hier als erster Bischof wirkte, waren nicht konfliktfrei. Zeitweilig zog sich Korbinian nach Südtirol zurück. Doch verschaffte er in Freising energisch den kirchlichen Vorstellungen letztlich Geltung; davon zeugt u.a. die Geschichte von der handgreiflichen Züchtigung einer Zauberin, die von der Herzogin zur Kurierung ihres kranken Sohnes geholt worden war. Mit seiner Mönchsgemeinschaft feierte Korbinian Gottesdienst in der Marienkirche der Herzogsburg auf dem (Dom-)Berg; an der Stephanuskirche auf dem gegenüber liegenden (Weihenstephaner) Berg errichtete er ein kleines Kloster.
Korbinian starb um 730 in Freising, wurde aber wunschgemäß an der Seite des hl. Valentin in Mais bei Meran bestattet. Im Jahr 739 errichtet der hl. Bonifatius in päpstlichem Auftrag das Bistum Freising. Dessen dritter Bischof Arbeo (764–783) holte Korbinians Reliquien wohl 768 in den Freisinger Dom zurück, verfasste auch seine Lebensbeschreibung und begründete so dessen Verehrung als Bistumspatron.
Die „Vita Corbiniani“ steht als längerer erzählender Text am Anfang der bayerischen Literaturgeschichte. Arbeo schildert seinen Vorgänger darin als vorbildlichen „Gottesmann“, mutigen Verfechter kirchlicher Belange und Wundertäter. Kurz darauf verfasste Arbeo auch die „Vita et passio“ des in Regensburg wirkenden Bischofs Emmeram.
Neben einer heute in der British Library (London) verwahrten Handschrift aus Regensburg ist die vom Reichenauer Mönch Reginbert angelegte Sammlung von Heiligenviten einer von nur zwei Zeugen für die ursprüngliche Textfassung Arbeos, die sich durch ein eigenwilliges Latein auszeichnet. Beide sind nur unvollständig erhalten. Die fehlenden Abschnitte sind nur in einer sprachlich überarbeiteten und erweiterten Fassung, wohl des frühen 10. Jahrhunderts, überliefert.
Badische Landesbibliothek, Cod. Aug. perg. 32, fol 128r