Erklärung des Hochaltarbildes der Münchner Dreifaltigkeitskirche; Papierhandschrift (Abschrift), 1. Hälfte 18. Jh.
Maria Anna Lindmayr sah den Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714), in dem Bayern an der Seite Frankreichs gegen den Kaiser kämpfte, in Visionen als drohendes Strafgericht Gottes für die Sünden der Menschheit und sie mahnte eindringlich zu einer Änderung des Lebenswandels. Dies führte in München zu großer Aufregung. Um die drohende Zerstörung ihrer Heimatstadt abzuwenden, bat Maria Anna bei Gott um Verschonung und legte nach einer Dreifaltigkeitsvision stellvertretend das Gelübde zum Bau einer Kirche ab.
Sie konnte dann auch die drei Münchner Stände des Adels, der Geistlichkeit und der Bürgerschaft dazu bewegen, 1704 öffentlich ein entsprechendes Gelübde zu leisten. Der 1711–1718 errichtete Kirchenbau wurde mit einem Kloster für Unbeschuhte Karmelitinnen verbunden. Grundlage dafür bildeten eine Stiftung des verstorbenen Herzogspaares Max Philipp und Mauritia Febronia von Bayern und zwei benachbarte Häuser, die Maria Anna aus Spenden hatte ankaufen können.
Das Hochaltarbild der Dreifaltigkeitskirche wurde vom Münchner Hofmaler Johann Andreas Wolff nach inhaltlichen Vorgaben Maria Anna Lindmayrs entworfen und nach Wolffs Tod (1716) von dessen Schüler Johann Degler vollendet. Dargestellt ist die sündige Menschheit, die – unter Hinweis auf ihre Reue und unterstützt durch die Fürsprache Marias – bei der Dreifaltigkeit um die Abwendung des göttlichen Strafgerichts bittet. Zurückgehend auf Maria Annas Visionen ist der Heilige Geist hier nicht nur in der üblichen Weise als Taube, sondern auch als Jüngling mit sieben Flammen um das Haupt dargestellt. Die Türme der Pfarrkirchen St. Peter und Zu Unserer Lieben Frau in einer Bildecke machen den Bezug auf München deutlich.
Maria Anna Lindmayr hat eine Erklärung des Bildes schriftlich niedergelegt. Die gezeigte Abschrift stammt von ihrer Mitschwester M. Josepha Antonia a S. Theresia Nothafft.
Archiv des Erzbistums München und Freising, Unbeschuhte Karmeliten, Sammlung Lindmayr, DA030/1, 23 [Bild 528-531]