Maria Anna Lindmayr wurde 1657 in München als Tochter eines herzoglichen Kammerdieners geboren. Die fromme und wohltätige Familie zählte 15 Kinder. Mehrere davon gingen ins Kloster oder wurden Priester. Bei Maria Anna zeigte sich früh eine mystisch-visionäre Begabung. Mehrere Versuche, in ein Kloster einzutreten, scheiterten jedoch an mangelnder Mitgift oder an Erkrankungen. So blieb sie unter Anleitung von Beichtvätern (zuerst aus dem Jesuiten-, dann aus dem Karmelitenorden) „in der Welt“, gelobte aber freiwillig Armut, Keuschheit und Gehorsam.
Zunehmend erlebte sie „Zustände“: Ihr Körper erstarrte, sie sprach „von göttlichen Dingen“. In Visionen sah sie die Dreifaltigkeit, Heilige und über 400 Arme Seelen im Fegfeuer, für die sie stellvertretend Sühne leistete. 1691 wurde Maria Anna „Terziarin“ des Karmelitenordens und lebte fortan nach dessen strenger Regel. Immer mehr Bürger und Adelige erbaten von ihr Rat, selbst weibliche Mitglieder der Herrscherfamilien.
Mit vielfältiger Unterstützung brachte sie es zuwege, die 1704 im Spanischen Erbfolgekrieg von den Münchner Ständen gelobte Dreifaltigkeitskirche mit einem Kloster für Unbeschuhte Karmelitinnen zu verbinden. 1713 legte sie hier als Schwester Maria Anna Josepha a Jesu die ewige Profess ab und wirkte dann als Krankenschwester, als Priorin und schließlich als Novizenmeisterin. Sie starb 1726 im „Ruf der Heiligkeit“. Ein vom Freisinger Fürstbischof eingeleiteter Prozess zu ihrer Seligsprechung wurde jedoch nie zu Ende geführt.
Bis heute erhalten sind ihre umfangreichen Aufzeichnungen zu ihrem Leben und ihren visionären Erlebnissen sowie zahlreiche Briefe. Sie zählen zu den seltenen ‚Ego-Dokumenten‘ von Frauen ohne höhere Herkunft und Bildung und ohne öffentliche Stellung aus der Frühen Neuzeit. Der Gesamtbestand ist online nutzbar.