In seiner Osterbotschaft 2020, mitten im ersten Lockdown, als scheinbar alles still stand, lenkte Kardinal Reinhard Marx unsere Aufmerksamkeit auf den Kern der Osterbotschaft: Hoffnung. Mit Blick auf das Kar- und Ostergeschehen ermutigte der Erzbischof von München und Freising damals: „Da war kein Stillstand – da war Dynamik, da kam etwas in Bewegung. Durch den Tod und die Auferstehung Jesu ist eine neue Bewegung in Gang gekommen. Und deswegen können wir gerade von Ostern her lernen, was es auch in dieser Krisensituation zu tun gilt und was unser Auftrag ist, unsere Sendung. Es ist deutlich, dass wir gesandt sind, eine Botschaft der Hoffnung zu geben, eine Botschaft, die wirklich gegen alle Resignation, gegen alle Verzweiflung gerichtet ist.“
Hoffnung und Zuversicht, damit wollen wir Sie auch in dieser Fastenzeit auf Ostern hin begleiten. „Was gibt mir Zuversicht – was schenkt mir Hoffnung?“ – das haben wir sieben Menschen aus dem Erzbistum gefragt. Ihre Antworten, ihre Impulse stellen wir an dieser Stelle jede Woche vor. Wir würden uns freuen, wenn sie Sie ermuntern und Ihnen Zuversicht schenken.
Allenthalben erlebe ich, wieviel Kraft mittlerweile die Corona-Beschränkungen unserer Gesellschaft, unseren Pfarreien und jedem einzelnen von uns abfordern. Virusmutationen und schleppende Impfungen lassen uns ahnen, dass die Pandemie unseren Alltag noch eine Weile beeinträchtigen wird. Wie soll man da nicht den Mut verlieren und den Kopf hängen lassen?
Mein Vorschlag gegen Resignation und Mutlosigkeit: Feiern wir einfach Ostern!
Die Auferstehung Jesu ist für mich der einzige Grund, warum es keinen Grund gibt, jemals die Hoffnung zu verlieren. Auch heuer wird das Osterfest verhaltener ausfallen als zu Zeiten vor Corona. Aber vielleicht wird Ostern dadurch sogar authentischer. Die Jünger Jesu haben am Ostermorgen auch nicht gleich laut Halleluja gerufen. Sie konnten zunächst gar nicht glauben, was ihnen der Engel am Grab sagte. Jesus lebt! Wie soll das möglich sein? – Erst allmählich wird aus Verzweiflung Zweifel, aus Zweifel Hoffnung und aus der Hoffnung Gewissheit: Christus ist wahrhaft auferstanden!
Ja, Jesus lebt und er ist mit uns unterwegs; durch die Pandemie hindurch und aus der Pandemie heraus! Auch heute gibt es diese Engel, die davon Zeugnis geben: Menschen, die in der Sorge um die Kranken und Sterbenden bis an ihre Grenzen gehen und über sich hinauswachsen. Menschen, die in aller Stille anderen in finanziellen Schwierigkeiten unter die Arme greifen, Menschen, die sich der Alten und Einsamen in der Nachbarschaft annehmen. Viele weitere Beispiele gäbe es zu nennen.
Vielleicht sind Sie, liebe Leserin, lieber Leser, ja auch so ein Beispiel für Menschen, die durch ihr Handeln Boten und Zeugen der Auferstehung sind. Frohe und gesegnete Ostern Ihnen allen und für jedes Zeichen der Hoffnung, das sie setzen, ein herzliches Vergelt’s Gott!
Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg, Bischofsvikar für die Seelsorgsregion München
Als Ministrantin und Diözesanvorstand des Ministrantenverband München und Freising schenkte und schenkt mir die Jugendarbeit und das Ehrenamt vor Ort stets Freude und Zuversicht. Wöchentliche Gruppenstunden, Ministrantenfreizeiten und weitere Aktionen geben den Kindern, Jugendlichen und mir selbst einen vielfältigen Rahmen, um sich zu verwirklichen sowie den Glauben miteinander zu erleben und zu feiern. Auch das gemeinsame Ministrieren am Altar stärkt unsere Gemeinschaft.
Im vergangenen Jahr erfuhr ich, dass es gute Möglichkeiten gibt, um gemeinsam mit der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Situation umzugehen. Es begann mit einer Online-Gruppe aus aktiven Ehrenamtlichen, die ich bei der Diözesanversammlung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) München und Freising Anfang März 2020 kennenlernen durfte. Bei täglichen Anrufen probierten wir Onlinespiele aus, kochten zusammen, verbrachten miteinander Zeit und feierten Gottesdienste.
Auch im Ministrantenverband stellten wir uns den neuen Herausforderungen und boten Veranstaltungen online an. Diese werden zahlreich besucht und von den Mitgliedern mit Freude angenommen. Viele Angebote, wie Schulungen und Workshops für junge Gruppenleitende, Spieleabende und Gottesdienste, durften wir methodisch und kreativ ausarbeiten. Die steigende Mitgliederzahl des Verbands gibt mir Hoffnung, dass gelebter Glaube und erlebbare Gemeinschaft jungen Menschen wichtig sind.
Durch diese Erfahrungen habe ich die Zuversicht gewonnen, dass sich – egal in welcher Situation – neue Wege auftun. Dafür müssen wir uns aufmachen, festgefahrene Strukturen aufbrechen und Offenheit für Neues an den Tag legen.
Isabel Gnacy, Ministrantin in der Pfarrei St. Margaret Markt Schwaben und Diözesanvorstand des Ministrantenverband München und Freising
Ich bin seit Mitte Februar im Amt der Äbtissin der Abtei Venio OSB. Gewählt wurde ich am Anfang des Jahres, und bis zur Benediktion in München hatte ich ziemlich genau 40 Tage Zeit, um Angelegenheiten in Prag, wo ich die vergangenen zehn Jahre auf dem Weißen Berg lebte, abzuschließen, mich von meiner Gemeinschaft dort und den Menschen aus der Pfarrei, der Ökumene, meiner Familie und Freunden zu verabschieden.
Es war in einem Moment, als nach dem 400. Jahrestag der Schlacht auf dem Weißen Berg (1620) gerade viel Neues und Schönes gewachsen ist. Die Schlacht ist in der tschechischen Erinnerungskultur zu einem Symbol der nationalen Katastrophe geworden, das bis heute lebendig ist. Deswegen war es uns wichtig, den Ort (Wallfahrtsort Maria de Victoria), an dem wir als Schwestern leben, durch Freundlichkeit, Schönheit (wir haben das ganze barocke Areal renoviert) und ökumenische Freundschaft allen Menschen zu öffnen – unabhängig von ihrem Glauben oder ihrer Überzeugung –, im Sinne der Regel des heiligen Benedikt, „Alle Menschen ehren“. Trotz der Pandemie ist es uns gelungen, klare Zeichen der Versöhnung zu setzen, wie etwa mit dem Kreuz der Versöhnung von Pater Abraham Fischer OSB.
Nach diesem intensiven Jahr 2020 wurde ich zur Äbtissin gewählt und bin nach München umgezogen, ohne zu wissen, wann ich wieder nach Prag kommen kann. Was für ein Tempo. Was für eine Fastenzeit.
Was mir Zuversicht gibt, ist unsere Liturgie, unser Stundengebet, in dem mir mehrmals am Tag durch die Psalmen Hoffnung, Unterstützung und „Fürchte dich nicht, ich bin bei dir“ zugesagt wird. Besonders der lateinische Hymnus der Fastenzeit „Jam Christe sol justitiae“ (Christus, Sonne der Gerechtigkeit), in dem wir singen „Dies venit, dies tua, in qua reflorent omnia“ (Es kommt der Tag, dein Tag, durch den alles wieder aufblüht), füllt mich immer wieder mit Zuversicht und Hoffnung, dass Ostern und damit die Auferstehung kommt – unabhängig davon, beziehungsweise gerade deswegen, weil die Welt aktuell sehr leidet.
Schwester Francesca Šimuniová, Äbtissin der Benediktinerinnenabtei Venio mit Niederlassungen in München und Prag
"Es gibt mir Zuversicht, mich nicht schämen zu müssen, Essen zu holen"
Es schenkt mir Hoffnung, dass ich ehrenamtlich in der Antonius-Küche arbeiten darf. Die Menschen, denen ich hier regelmäßig begegne, sind sehr nett und reden viel mit mir – das bedeutet mir wirklich viel. Sie freuen sich über das Essen und sagen uns gerne, dass es ihnen gut geschmeckt hat. Oft fragen sie, ob es ein Gericht noch einmal gibt, und ich antworte ihnen dann: Wenn das Gericht gut weggeht, gibt es das häufiger.
Es schenkt mir auch Hoffnung und freut mich sehr, dass das Personal der Caritas die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hier freiwillig helfen, so gut unterstützt. Auch zu mir ist das Personal sehr freundlich.
Die Antonius-Küche gibt mir und auch den Besucherinnen und Besuchern Zuversicht: weil man sich nicht schämen muss, sich hier etwas zu essen zu holen; weil man sich kurz hinsetzen kann, um zu beten; weil man mit den Leuten reden kann, die in der gleichen Situation sind. Hoffnung bedeutet für mich, dass es den Menschen gut gehen soll, auch hier in der Antonius-Küche.
Die Autorin dieses Statements ist obdachlos und engagiert sich an zwei Tagen in der Woche in der Antonius-Küche der Caritas und der Erzdiözese München und Freising.
Über den aktuellen Winter, in dem aufgrund der Pandemie-Lage viele andere Ausgabestellen geschlossen werden mussten, versorgt die Einrichtung in der Pfarrkirche St. Anton in der Münchner Isarvorstadt bedürftige Menschen täglich mit kostenlosen warmen Mittagessen.
"Zuversicht schenken mir die vielen 'Möglichmacher' dieser Tage"
Zuversicht schöpfen lassen mich in der Pfarrei die vielen nun anders, also besonders möglichen Begegnungen. Ob Heilige Messe in ungewohnter Form oder Firmvorbereitung online, Beichtgespräch im Konferenzzimmer oder Pfarrgemeinderatssitzung via Zoom: Überall werden christliches Miteinander und liebendes Füreinander erkennbar. Da zeigt Christus, dass er in seiner Kirche Leben und Hoffnung schenkt. Auch heute.
Zuversicht schenken mir die vielen „Möglichmacher“ dieser Tage. Ob Bürger-meister oder Seniorenzentrumsleiterin, ehrenamtlicher Gottesdienstordner oder Krankenkommunionspenderin, Verwaltungsleiterin oder Kameramann: Unzählige helfen in ruhiger Selbstverständlichkeit, Christus vor Ort und beim Einzelnen erfahrbar zu machen. Sie zeigen die christliche Alternative zu ängstlich-hilfloser Isolation: menschliche Nähe in vorsichtigem Umgang und göttliche Hilfe durch die Heilszeichen seiner Sakramente. Auch heute.
Pfarradministrator Philipp Werner
Zuversicht geben mir die vielen Menschen, die gerade jetzt ihren Lebensweg neu ausrichten, den Kontakt zu Gott suchen und mit mir dabei ihre Fragen und Gedanken teilen. Sie beweisen, wie sehr es die persönliche Beziehung zum menschgewordenen Gottessohn ist, die das Leben trägt und ertragen lässt. Auch heute.
Zuversicht schenkt mir die staunenswerte Erfahrung, dass Kirche auch und gerade jetzt an unzähligen Stellen aufblüht. Und dass bei diesen existentiellen Neuaufbrüchen nie oberflächliche Schlagworte die Frage beantworten, was Gott und seine Kirche mit unserer Gegenwart zu tun haben. Vielmehr die Erfahrung der persönlichen Begegnung mit Christus am Ostermorgen: Brannte uns nicht das Herz, als ER unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften erschloss? (Lukas 24,32) – Ja! Gerade heute!
H. Philipp Werner, Pfarradministrator der Pfarrei St. Michael in Poing
"Meine Tätigkeit für an Covid-19-Erkrankte gibt mir Zuversicht"
Ermutigend empfinde ich das nachbarschaftliche Füreinander-Da-Sein für Menschen, die zu einer der Risikogruppen gehören oder an Covid-19 erkrankt sind und in Quarantäne leben müssen. Auch die Kreativität und der Ideenreichtum vieler Pfarrgemeinden, damit kirchliches Leben und christliches Miteinander in der aktuellen Situation präsent und lebendig bleiben, geben mir Zuversicht.
Ermutigendes erfahre ich in besonderer Weise auch in meiner Tätigkeit für die Einsatzgruppe Seelsorge, die von der Erzdiözese für an Covid-19 Erkrankte und deren Angehörige eingerichtet wurde. Die Seelsorgerinnen und Seelsorger der Gruppe besuchen Erkrankte zu Hause sowie in Alten- oder Pflegeeinrichtungen, stehen ihnen in spirituell existentieller Not bei und begleiten Sterbende.
Pastoralreferentin Heidi Hürten
Ich habe die Frauen und Männer der Einsatzgruppe auf ihren Einsatz vorbereitet und im Anlegen und Ablegen der persönlichen Schutzausrüstung geschult. Zudem gehöre ich zu jenen, die in Form einer Rufbereitschaft 24 Stunden sieben Tage die Woche über die Hotline 0151/42402512 Anrufe entgegennehmen. Oft beraten wir Angehörige von an Covid-19 Erkrankten oder Mitarbeitende in Alten- und Pflegeheimen schon am Telefon, ermutigen sie und spenden ihnen Trost.
Diese Arbeit schenkt mir viel Zuversicht, da ich aufgrund der Anrufe von Mitarbeitenden von Alten- und Pflegeeinrichtungen erleben darf, wie sie ihre Mitbewohnerinnen und Mitbewohner in ihrer persönlichen Religiosität und ihrer spirituellen Verankerung respektieren und ernstnehmen. Hoffnung schenken und Zuversicht geben kann ich, wenn ich Angehörigen zuhöre und ihnen die Gelegenheit gebe, von ihren Ängsten, ihrer Verzweiflung, ihrem Schmerz zu erzählen, von ihrem Gefühl des Ausgegrenztseins und der großen Einsamkeit aufgrund der verordneten Quarantäne.
Der auferstandene Christus hat uns zugesagt: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ Aus dieser Zusage schöpfe ich selbst immer wieder neu meine eigene Zuversicht und Hoffnung.
Pastoralreferentin Heidi Hürten, Seelsorgerin am Klinikum Großhadern München und Mitglied der Einsatzgruppe Seelsorge für Menschen mit COVID-19
Was gibt mir Zuversicht, was schenkt mir Hoffnung?
Hoffnung auf langersehnte menschliche Kontakte machen mir in dieser verrückten Pandemiezeit die verschiedenen Vakzine, die Erfolge der Medizin, die lobenswerte Selbstdisziplin und die Solidarität von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt. Zuversichtlich sehe ich der eigenen Impfung entgegen, die mir privat, beruflich und auch ehrenamtlich manches wieder möglich macht, was aktuell fehlt oder nur unter erschwerten Bedingungen realisierbar ist. Es war durchaus heilsam, dass einige Selbstverständlichkeiten weggebrochen sind, weil ich sie jetzt umso mehr zu schätzen weiß. Die schmerzlich vermisste Gemeinschaft im Glauben lässt sich nur sehr bedingt durch virtuelle Formate ersetzen. Besonders freue ich mich auf spontane und unbeschwerte Begegnungen im Familien- und Freundeskreis.
Ich bin dankbar, dass ich im Hinblick auf mein Ehrenamt hier nicht nach Befürchtungen und Sorgen gefragt wurde, denn Grund zum Jammern und Lamentieren gäbe es wahrlich genug. Hoffnungsvoll stimmen mich dagegen die offenen und konstruktiven Auftaktveranstaltungen des
Synodalen Weges und die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der Synodalen tatsächlich verstanden hat, dass nach den Verbrechen an Kindern und Jugendlichen es in der Kirche Jesu Christi kein „Weiter so“ geben darf. Zuversichtlich arbeite ich außerdem mit am innerdiözesanen
Gesamtstrategieprozess. Beide Projekte sind sehr mühsam, aber die angestrebten Ziele sind der Mühe wert. In der Hoffnung, dass der Auferstandene uns begleitet, können wir als Kirche voll Zuversicht gemeinsam weitergehen.
Professor Hans Tremmel, Vorsitzender des Diözesanrats der Katholiken der Erzdiözese München und Freising